Die älteste Schülerin: „Das war ein Strenger!“

Heidi Suter (geborene Meier), Jahrgang 1928, wuchs „im Bückli“ in Vogelsang (Gebenstorf) auf, zusammen mit ihrem vier Jahre älteren Bruder und ihren Eltern. Der Vater war für die BBC in Baden tätig, die Mutter amtete als Aufsicht in der Haushalts­schule und der Nähschule.

Von 1940 bis 1944 besuchte Heidi Meier die Bezirksschule Turgi (untergebracht im heutigen Gemeindehaus). Sie erlebte dazumals einige der prägendsten Figuren der Schul­geschichte überhaupt.

Nach ihrer Heirat Mitte der 1950er-Jahre zog sie mit ihrem Mann, einem Polizisten weg, und absolvierte wegen wechselnder Arbeitsorte ihres Gatten eine veritable Aargau-Tour, bevor das Paar mit seinen zwei Söhnen letztlich in Aarau sesshaft wurde.

Von dort zog sie erst 2005, im Alter von 77 Jahren und mittlerweile verwitwet, nach Schwyz, wo einer ihrer beiden Söhne lebt.

Zum schwierigen Rahmen mitten im Zweiten Weltkrieg

Es war tatsächlich eine besondere Zeit; neben dem doch recht langen Schulweg aus Vogelsang waren wir manchmal auch während der Unterrichtszeit unterwegs – um Eicheln zu suchen. Oft fragten mich zwei ältere „Jungfern“ auf dem Schulweg, ob ich „Rossbölle“ auf dem Weg gesehen hätte. In der Schweiz war alles rationiert und knapp und darum wurde alles Mögliche gesammelt.

Wir waren meist zu Hause und selten unterwegs. ausser auf den sonntäglichen Spaziergängen. Ich erinnere mich gut an polnische Soldaten, die in Gebenstorf interniert waren und schnell den Kontakt zur Bevölkerung fanden. Daran, dass auch wir Mädchen von ihnen angesprochen, hatten unsere Eltern keine Freude… Sehr getroffen hat uns der Tod eines Mitschülers auf einer Schulreise auf dem Susten, der auf einem Schneefeld ausrutschte und in die Tiefe stürzte.

 

Über ihre Lehrer(innen) und Lieblingsfächer

Der Gemeindeschullehrer Steiner brachte uns das Singen bei. Ich liebte die Volkslieder, die wir singen durften. Bei Herrn Rubischon hatte ich Deutsch und Französisch. Herr Haller unterrichtete bei uns Zeichnen. Bei Herrn Eichenberger besuchte ich die Mathestunden. Mathe war nicht gerade meine Stärke, die lagen eher bei den Sprachen. Wir mochten den Eichenberger gar nicht, das war ein Strenger. Er wohnte im Gehlig, sass als SP-Vertreter im Grossrat und war darum, zu unserer Erleichterung regelmässig an Sitzungen. Dann fiel der Unterricht aus. 1942 kam Klara Welte an unsere Schule; mit ihr „konnten wir es gut“, sie war beliebter. Wegen des Kriegs und militärischer Verpflichtungen von Hauptlehrern hatten wir regelmässig auch Aushilfs­lehrer an der Schule

 

Über den Unterricht

Wir hatten eigentlich an sechs Tagen Unterricht, also auch am Samstag. Um Heizkosten zu sparen, blieb die Schule aber nur an fünf Tagen offen. Um die Wochenendschliessung wettzumachen, wurde zum Beispiel der  Religionsunterricht am Freitagabend angehängt. Auch begann die Schule ab und zu schon um sechs Uhr morgens; es waren lange Tage. Meine Stärken lagen eher in den Sprachen, bei Fritz Rubischon in Deutsch und Französisch. Herr Heimgartner von der Gemeindeschule war für den Sportunterricht zuständig, der eigentlich immer im Freien stattfand: „Freiübungen“, „Kettenfangis“ und als Bonus auch noch Völkerball. Auf dem Platz, zwischen den Gebäuden, in den normalen Schuhen und in Röcken!

Zu Klasse, Klassenzimmer und Disziplin

Wir waren keine überaus grosse Klasse, zwischen 20 und 25 Schüler und Schülerinnen. Die meisten aus dem Siggenthal, aus Turgi und Vogelsang. Nur wenige aus Würenlingen. Ich erinnere mich auch an die schrägen Pulte mit den Tintenfässchen und -lümpchen [Anmerkung: diese sollten danach noch weitere dreissig Jahre die Schweizer Schulzimmer prägen.] Herr Eichenberger fiel auch hier auf. Schönschrift wurde bewertet und wenn er unzufrieden war, kam es vor, dass er ein Heft zerriss und darauf herumtrampelte. Leiden mussten ab und zu aber auch wir selbst: die körperliche Züchtigung war an der Tagesordnung: „Tatzen“ für alle und die Knaben wurden manchmal auch „an den Ohren genommen“. Sonst galt vieles, was heute noch üblich ist: Aufstrecken, Hausaufgaben, Hefte unterschreiben lassen. Meine Eltern wussten recht gut Bescheid, wie es mir so lief in der Schule.

Zu ihrer Zeit nach der Bezirksschule

Nach der Bez besuchte ich Baden das Athenäum, eine Art Gymnasium. Danach war ich als «Nanny» für Kleinkinder in Delémont tätig. Dort sollte ich aber noch im Restaurant der Familie mithelfen, was meinen Eltern gar nicht passte und sie mich heimholten. Um die französische Sprache und den Haushalt noch besser zu erlernen, besuchte ich in St. Blaise die Haushaltsschule. Dank meiner Französischkenntnisse fand ich in Le Locle eine Anstellung als Bürosekretärin in der Schokoladenfabrik «Klaus». Wieder daheim, fand ich ganz in der Nähe meines Elternhauses, bei der BAG im Einkauf [Anmerkung: die Bronzewaren­fabrik AG war jahrzehntelang einer der grössten und renommiertesten Leuchten­hersteller in Europa] eine Arbeitsstelle.. Dort blieb ich drei, vier Jahre. Um all diese Anstellungen musste ich mich nie selber kümmern: das taten, wie damals üblich, meine Eltern

 

 

 

 

 

 

 

Bilder: Archiv Bezirksschule Turgi
-Heidi Suter-Meier
-Das alte Bezirksschulhaus
-Bez-Klasse in den 1940er-Jahren